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Chronik -

des heutigen Zentralkrankenhauses Gauting der Landesversicherungsanstalt Oberbayern


Südlich der Straße Gauting-Unterbrunn wurde auf einer 38,3 ha großen bewaldeten Fläche im Jahr 1938 mit dem Bau einer Flakscheinwerferkaserne begonnen, die 1940 bezogen wurde. Neben fünf großen, massiven, zweistöckigen Häusern, die die Unterkünfte der Truppe beherbergten, waren an Massivbauten noch ein Wachgebäude, ein Offiziersheim sowie vier große Gerätehallen und eine Anzahl Baracken und Wellblechhallen erstellt worden. Alle Massivgebäude waren zentralbeheizt. Etwa 600m vom Kasernenbereich abgesetzt war eine moderne biologische Kläranlage zur Aufnahme der Abwässer und Fäkalien gebaut worden. Die Truppenküche und die vielen erforderlichen Wirtschafts- und Büroräume waren in Holzbaracken untergebracht.

Die damalige Luftwaffe hatte für ihr im Bereich des Luftgaues VII an Tuberkulose erkrankten Angehörigen in Bad Kohlgrub und am Eibsee sowie für extrapulmonale Tbc in Isny während des Krieges Lazarette errichtet. Al die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen im Winter 1942/43 angestiegen und die Kapazität der drei Häuser erschöpft war, beauftragte der damalige Luftflottenarzt, Generalarzt Dr. Engelbrecht, seinen Tuberkulose-Fachberater, Oberstabsarzt Dr. Cramer, ein geeignetes, ausbaufähiges Objekt südlich der Donau ausfindig zu machen.

Auf seiner Erkundungsfahrt besuchte dieser auch die Kaserne in Gauting und bat den Chronisten, der damals, gerade aus Russland zurückgekehrt, als Truppenarzt in Gauting eingesetzt war, einen Bericht über Eignung des Kasernengebietes als Tuberkulose-Lazarett abzugeben. Durch die günstig Versorgungslage bei engmaschigem Straßen der Umgebung, den hygienischen Voraussetzungen durch die vorhandene eigene Kläranlage, die Größe des Terrains inmitten eines geschlossenen Waldgürtels sowie die solide Bauweise der Kasernen schien dieses Objekt für den geplanten Zweck sehr geeignet.

Der Vorschlag des Chronisten wurde angenommen, und Mitte 1943 konnten bereits unter Mitwirkung ds Flottenhygienikers, Oberstarzt Prof. Dr. Knorr von der Universität Würzburg, die adaptierten Gebäude ihrer neuen Bestimmung als Luftwaffenlazarett 5/VII mit 500 Betten für Tuberkulosekranke übergeben werden. Unter der Leitung von Stabsarzt Dr. Schnell und der Oberstärzte Dr. Schilling, Dr. Pagels und Dr. Stein konnte die Bettenzahl auf 720 und zuletzt auf 1200 erhöht werden.

Behandlung tuberkulosekranker Soldaten aller Waffengattungen bis Kriegsende

Das Lazarett gliederte sich in drei Krankenabteilungen: A, Bund C - mit je fünf Stationen - die von den Abteilungsärzten selbständig geleitet wurden. Diesen unterstanden je fünf Stationsärzte. Wegen Oberbelegung mußte in der Volksschule in Gauting bald eine vierte Krankenabteilung als Teillazarett errichtet werden. Im A-Bau war die thoraxchirurgische Abteilung untergebracht/ die von Prof. Dr. Scheicher, dem damaligen Chefarzt des Nymphenburger Krankenhauses/ als Konsiliarius betreut wurde. Der beratende Internist war Oberfeldarzt Prof. Dr. Herbst der Universität Würzburg. Das Laboratorium wurde von Dr. Germer, dem jetzigen Direktor des Wenckebach-Krankenhauses Berlin, geleitet.

Um den Konsolidierungsgrad des tuberkulösen Prozesses nach vorsichtiger Arbeitsbelastung zu beurteilen, wurden die Patienten in das Reizklima unseres Teillazarettes Eibsee verlegt. Dieses Haus wurde von Stabsarzt Dr. Schnell geführt. Erst von dort erfolgte die Entlassung der meisten unserer Patienten.

Während anfangs die pflegerische Betreuung unserer Soldaten allein in den Händen freier Schwestern lag, übernahmen später die in Aachen ausgebombten Franziskanerinnen die Schlüsselstellungen in unserem Hause, bis sie nach Kriegsende wieder zum Aufbau ihres alten Wirkungskreises zurückgerufen wurden.

Bei dem häufig unterernährten, körperlich und seelisch erheblich belasteten Krankengut war unseren damals noch recht eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten nicht immer der gewünschte Erfolg beschieden. Dazu mußten die Schwerkranken mehrmals am Tage in die Luftschutzkeller getragen werden, da das Lazarett auf der Einflugschneise der feindlichen Bomberverbände nach München lag. Dank der Sicherheitsmaßnahmen hatten wir nur bei einem Flächenwurf von Splitterbomben ein Menschenleben zu beklagen.

Die ärztliche Fortbildung, Lenkung der Diagnostik und Therapie lag in den Händen von Dr. Cramer und Prof. Dr. Scheicher. Der Pneumothorax mit seiner oft recht eingreifenden kaustischen Komplettierung, das Pneumoperitoneum und die zeitweise oder dauernde Ausschaltung des Phrenicus gehörten noch zu den meist geübten konservativen Maßnahmen. Dem Chirurgen oblagen neben der Durchführung des temporären Kollapses, der Pneumolyse, die Decortication sowie die zahlreichen Modifikationen der Thoracoplastik. Die Monaldi-Drainage wurde bei Riesenkavernen gelegt. Gegen Kriegsende war die Versorgung unserer Soldaten sehr erschwert, da Untersuchungen und Behandlungen nur in den immer kürzer werdenden Luftangriffspausen durchgeführt werden konnten.


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