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Chronik -

des heutigen Zentralkrankenhauses Gauting der Landesversicherungsanstalt Oberbayern


Ärztliche Fortbildung und wissenschaftliche Veröffentlichungen

Um die ärztliche Fortbildung bemühte sich bis zu seinem Tode Dozent Dr. Zothe, der letzte deutsche Oberarzt unter Prof. Rühl der Universität Prag, der, in unserem Hause angestellt, regelmäßige Vorlesungen über ausgewählte Kapitel aus der Inneren Medizin hielt: Von seinem früheren Chef, Prof. Nonnenbruch, hörten wir über "das hepatorenale Syndrom" und von Rudolf Brauer "über die Geschichte der Tuberkulose von Robert Koch bis heute unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Therapieformen". Von allen abkömmlichen Kollegen wurden die süddeutschen und österreichischen Tuberkulosetagungen sowie die Internistenkongresse in Wiesbaden regelmäßig besucht, wobei auch Herren unseres Hauses Referate hielten und zu Themen und Diskussionen sprachen.

Aus der Fülle der gewonnenen Erfahrungen aus einem 1000-Betten-Haus wurden viele Aufzeichnungen und Veröffentlichungen gemacht, von denen hier nur ein Teil aufgezählt werden soll: Huebschmann et. al. "Die menschliche Seite der Tbc und Rehabilitation im engeren und weiteren Sinne" [Hippokrates 29. Jhg., Heft 4 v. 28.2.1958]. Janz, der neben den im Hause befindlichen Empyemfällen auch alle Empyeme der Chirurgischen Universitätsklinik München vereinbarungsgemäß zuverlegt bekam, arbeitete ein eigenes Behandlungsverfahren, die "intrathoracale Unterdruckbehandlung" aus, wozu er eine spezielle Saugapparatur und ein eigenes Instrumentarium konstruierte, das er "Thoracostom" nannte. Bei geeigneten Fällen gelang ihm ohne Operation die Ausheilung des Empyems und Liquidation der Höhle. Er schrieb: "Über Pneumoperitoneum bei Lungentuberkulose", München 1948, Dissertation. "Die Behandlung der Eiterungen des Brustraumes mit Antibiotica unter Verwendung von Streptokinase-Strctodornase" [Der Tuberkulosearzt 6/1952, 25-28]. "Zur Behandlung pleurogener Beschwerden bei Tuberkulösen" [Fortschr. d. Med. 23/24-1952, 531-532]. "Die therapeutische Wertigkeit einer Penicillin-Streptomycin-Kombination bei Tuberkulose" [Münchner med. Wschr. 95 (1953), 174-1751. "Gesetzliche Maßnahmen zur Zwangsabsonderung behandlungsunwilliger Tuberkulosekranker" [Bayer. Ärzteblatt 3 (1957),57-61]. "Organisation und Funktion der Tuberkulosefürsorgestellen in der Bundesrepublik Deutschland", Verf. R. Griesbach und Hj. Janz [BulI. or. Int. Union against Tubercul. (1957), 12-16]. englisch und französisch. "Strahlungsgefährdung und Röntgenreihenutersuchung" [Neue .jur. Wschr. 11 (1958), 2098-20-99]. "Kritische Betrachtung der Rehabilitation Tuberkulöser" [Der Tuberkulosearzt, 1959]. Handbuch der gesamten Arbeitsmedizin, Herausgeber Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. E. W. Baader, Kap.: "Der Tuberkulöse im Berufsleben" (Band III). Verf. R. Griesbach und Hj. Janz, im Verlag Urban und Schwarzenberg, Berlin, München, Wien, 1961. Er redigierte als verantwortlicher Schriftleiter auf Veranlassung von Dir. Peschel der LAV Obb. ab Januar 1952 die Zeitschrift "Der Tbc-Kranke", später "Heilstätten-Kurier" genannt, mit einer Auflage von 5000 Exemplaren, die neben Abonnenten in der Bundesrepublik auch von Heilstätten und Organisationen der Schweiz. des Saarlandes, Skandinaviens und Finnlands bezogen wurde. A. Mahr "Mediastinalhernien", Dissertation. F. Mahr "Klinische Erfahrungen mit dem Inhalationspräparat Inhalopen" [Der Tuherkulosearzt, 1955, Heft 1). Marteneyi "Über 700 intracavitäre Instillationen von Tuberkulosatica als vorbereitende Maßnahme vor chirurgischer Behandlung". Nesswetha und Hohenschutz "Die Bauchspeicheldrüse bei Tbc im Lichte direkter Untersuchungsmethodik" [Der Tuberkulosearzt]. W. Schmidt "Verhalten der 17-Ketosteroide und des Serumeiweißbildes der Tuberkulosekranken während der Behandlung mit IHN" [Zeitschr. f. Tbc. (1953),308] . "Klinische Erfahrungen in der Behandlung von rheumatischen Begleiterscheinungen bei Tuberkulosekranken" [Med. Welt (1961). 1942] . "Die lokale Behandlung von Arthrosen bei Tuberkulosekranken" [Landarzt (1962), 1510]. Sedlaczek "Indikation und Erfolgsaussichten des Pneumoperitoneums mit und ohne temporäre Phrenicusausschaltung". Stein "Temporäre Phrenicusallsschaltung und Pneumoperitoneum" (Dissertation, 1947). Tuczek "Rehabilitation Tbc-Kranker und ihre gesetzlichen Grundlagen" [Med. Monatsschrift (Juli 1957). Heft 7]. "Die Bedeutung der Festigkeit der Tuberkelbakterien bei der Chemotherapie der Tbc." [Med. Monatsschrift (Juli 1955), Heft 7]. Walther und Dylong "Die Beeinflußbarkeit vegetativer Störungen bei Tbc-Kranken im doppelten Blindversuch" [Ärztl. Praxis, 15. Jhg. v. 8.6.1963]. Wellano "Lungentuberkulose als Arbeits- und Dienstunfall" in Buchform.

Schwierigkeiten der Führung chronisch Kranker

Mit der Entwicklung der tuberkulostatischen Behandlung wechselten der Verlauf der Tuberkulose und ihre Behandlungszeit. Während früh er der schicksalsmäßige Ablauf einer schweren Tuberkulose meist verhältnismäßig kurz war, wuchs durch die Chemotherapie die Zahl der chronisch Kranken in den Heilstätten. Die Gefahr für die außerhalb der Familie, der Gesellschaft und des Arbeitsprozesses stehenden Patienten, ins Asoziale abzugleiten, ist groß. So versuchte die Leitung des Hauses, gegen die zunehmende Zahl der Alkoholiker, starken Raucher und Behandlungsunwilligen strenge Maßnahmen zu ergreifen. Bald zeigte sich, daß die laufende Aufklärung über die Schädlichkeit von Alkohol und Nikotin bei Tuberkulose im Hausrundfunk wirkungslos blieb. Wenn auch das Radio ein ausgezeichnetes Aufklärungsmittel für unsere Patienten ist, eine Minderung des Alkohol- und Nikotinverbrauches konnte es nicht bewerkstelligen. Daß der Versuch erfolglos sein würde, den Bier- und Zigaretteneinkauf zu erschweren, war von vornherein klar. Eine Erweiterung von Bestrafungsmöglichkeiten fühlbar pekuniärer Art bei Rentenempfängern ist aus gesetzlichen Gründen nicht möglich. So blieb als einziger Ausweg der Versuch, die für die Gemeinschaft unzumutbaren, asozialen, ansteckungsfähigen Kranken in einem geschlossenen Haus zu asylieren. Wir wandten uns an den damaligen Leiter der Gesundheitsabteilung der Regierung von Oberbayern, RMD Dr. Aub, der mit dem Chronisten in Oberbayern geeignete leerstehende Objekte für diesen Zweck erkundete.

Bevor man an die sicher sehr schwierige personelle Besetzung eines solchen Hauses herantrat, wurde die Frage aufgeworfen, aufgrund welchen Gesetzes man einen asozialen Potator nach einem schwerwiegenden Verstoß in ein geschlossenes Haus einweisen könne. Bisher sahen wir, daß bei Beantragung einer polizeilichen Verfügung so viel Zeit verging, daß für den Patienten und seine Umgebung kein Zusammenhang zwischen Vergehen und Bestrafung mehr zu erkennen war.

Sehr häufig fehlte dann die Voraussetzung für die Durchführung dieser Maßnahme, da nach der mittlerweile durchgeführten Behandlung keine Bakterien mehr ausgeschieden wurden. Zur Gesetzesänderung einer solch unpopulären Maßnahme konnte sich keine Partei entschließen, zumal der Kreis der Interessenten nicht groß ist.

So blieb alles beim alten, und es werden die asozialen Offentuberkulösen von Heilstätte zu Heilstätte gereicht, was allerdings immer schwerer wird, je mehr Heilstätten aufgelöst werden. Der nicht heimasylierungsfähige Offen tuberkulöse weiß, daß irgendein Haus ihn aufnehmen muß, ganz gleich, wie auch immer er sich benimmt.

"Bestraft" werden also nur die Mitpatienten, die behandelnden Ärzte und das Pflegepersonal, die solchen Patienten ausgeliefert sind. Unzählige Versuche, dieses unerfreuliche Kapitel in der Betreuung Tuberkulöser zu ändern, mißlangen bisher.

Sehr am Herzen lag der Anstaltsleitung die Lärmbelästigung unserer Patienten durch den Dornier-Flugplatz in Oberpfaffenhofen. Nach genauen Phonmessungen als Basis berechtigter Beschwerden erklärte sich die Betriebsleitung des Flugzeugwerkes bereit, schallschirmende Mauern und Boxen zu bauen. Das Krankenhausgelände besitzt nur nach dem Westen, wo es aus klimatischen, Geruchs- und Geräuschgründen am wichtigsten wäre, keinen schützenden Waldgürtel. Dies könnte leicht geändert werden. Bei der Vorplanung des ehemaligen Kasernengeländes wurde der Gemeinde Unterbrunn ein Landstreifen zuviel abgekauft, der dann, da nicht benötigt, nicht in die Umzäunung einbezogen wurde. An diesem staatseigenen Landgürtel ist niemand interessiert, es sei denn, der Eigentümer des Krankenhauses. Dort wäre durch Aufforstung eine Abschirmung des Geländes möglich, und außerdem könnte der durch geplante Neubauten sich verkleinernde Erholungspark für Patienten wieder vergrößert werden. Das Schöne am Gautinger Krankenhausgelände ist ja, daß bei einem Spaziergang der Blick nicht immer von Gebäuden begrenzt wird, so daß sich die Kranken an der Natur erfreuen können. Wie wichtig wäre es bei baulichen Planungen, in der Zukunft diesen Zustand zu erhalten!

Die Besetzung des Hauses mit einem einzigen Schwesternverband war unmöglich, da kein Verband über 100 Schwestern verfügte. So arbeiteten wir mit verschiedenen Verbänden, was sich in der Vergangenheit gut bewährt hat. Der Schwestern-Fortbildung dient eine Vortragsreihe, die von unseren Ärzten abgehalten wird. Interessenten ohne Schwesterndiplom wird die Möglichkeit gegeben, nach vorheriger Schulung das Staatsexamen nachzuholen. Während die katholische Seelsorge unserer Patienten nahezu kontinuierlich von den Hausgeistlichen, Pfarrer Mayer und Jäger, ausgeübt wurde, übernahmen die Geistlichen Gautings, Pfarrer Schutzka, Burkert und Preuss, die Betreuung der evangelischen Kranken.


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